Jessica Durlacher zu Gast mit "Der Sohn"

Jüdische Woche auf glasperlenspiel13

Jessica Durlacher
Jessica Durlacher

Die letzte Veranstaltung für mich in dieser Woche fand gestern in der Jüdischen Gemeinde Frankfurt statt. Zu Besuch war die erfolgreiche Schriftstellerin Jessica Durlacher aus den Niederlanden. Vorgestellt wurde ihr neuer Roman „Der Sohn“. Da momentan viele Veranstaltungen rund um Frankfurt liest ein Buch laufen, war die Lesung leider nicht so besucht, wie sie es verdient hätte.

Jessica Durlacher schreibt, als Tochter eines Auschwitz-Überlebenden, in ihren Romanen unter anderem über den Holocaust und dessen Folgen für die Überlebenden. Wie sie mit dem Thema in ihren Familien umgehen und wie sie sich versuchen davon zu lösen. Sie selbst versucht es durch eine Art Flucht. So hat sie die letzten drei Jahre mit ihrem Mann Leon de Winter und den beiden gemeinsamen Kinder in Kalifornien gelebt. Dort sei sie frei und unbelastet. Europa und seine Geschichte wären dann so weit weg – diese große Distanz wirkt befreiend auf sie und ihr Schreiben. Denn jeder Jude in Holland ist in irgendeiner Art und Weise belastet, das Judentum in Kalifornien sei hingegen so erfrischend und lebendig.

Auf Nachfrage bestätigte Durlacher, dass die Ehe mit Erfolgsautor Leon de Winter durchaus viele Vorteile hat. Denn der erste Leser, Kritiker und Lektor sei jeweils der andere und in ihren Kritiken sind sie hart, was in diesem Fall auch gnädig sein kann. Ein wenig verwundert hat mich ihre Aussage, dass beide ganz unterschiedliche Bücher schreiben. Schaut man sich aber die einzelnen Themen an sind sie meiner Meinung nach eigentlich ganz ähnlich. Daraufhin konkretisierte sie: „Leon schreibt männlich und politischer. Ich hingegen psychologischer.“ Sie fühle sich in die die Figuren ein, das Innenleben sei ihr vor allem wichtig. Politik sei für sie oft unübersichtlich und unverständlich.

Die Benennung ihrer Romane „Die Tochter“ und „Der Sohn“ sei Zufall und wieder nicht. Sie schreibe halt gern über Familien aber eine bestimmte Absicht beide Romane so zu benennen gäbe es nicht. Durch ihr Schreiben erfindet sie die Familie und die damit einhergehenden Traditionen und Geschichten neu. Sie selbst hat, aufgrund des Holocausts keine Verwandtschaft nur ihre eigene Familie.

Ihr neuer Roman „Der Sohn“ ist so eine Familiengeschichte. Die Geschichte der Familie Silverstein, dessen Familienoberhaupt Großvater Silverstein seine Liebsten ständig in Gefahr sieht und sie vor all dem Schlimmen auf der Welt beschützen will. Solange er lebt, scheint dies ganz gut zu funktionieren, doch nach seinem Tod gerät alles ins Wanken. Seine nächsten Angehörigen erfahren die dunklen Geheimnisse der Vergangenheit und müssen mit den Konsequenzen leben. Angst, Schuld, Heldentum und das große Motiv der Rache spielen eine ebenso wichtige Rolle wie das Thema der Selbstjustiz.

4 Kommentare

  1. Bis vor wenigen Wochen kannte ich sie auch noch nicht genauer. Erst durch eine Ankündigung der Jüdischen Gemeinde habe ich mich näher mit ihr beschäftigt – und es hat sich gelohnt. Sie passt auf jeden Fall auch in Dein „Beuteschema“. Besonders „Emoticons“ soll sehr eindringlich sein.

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  2. Diese Schriftstellerin ist aus irgendeinem Grund an mir vorbeigegangen, dabei scheinen ihre Werke eigentlich genau in mein „Beuteschema“ zu fallen. Ich halte von nun an mal die Augen offen…

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  3. Liebe buechermaniac,

    ich habe soeben noch einmal deine Rezension dazu gelesen und vieles kam mir vertraut vor – aufgrund der Lesung. Das du Magazin kannte ich übrigens gar nicht. Vielen Dank für die Anregung. Das Heft, was du dir bestellt hast, scheint auf jeden Fall sehr vielfältig und hoch interessant zu sein. Sobald ich Durlacher gelesen habe, gebe ich Dir Rückmeldung. Versprochen!

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  4. Der neue Roman von Jessica Durlacher habe ich gelesen und rezensiert. Leider bekam ich so gar kein Echo zurück, schade. Ich fand das Buch hervorragend und bin wirklich begeistert. Auf alle Fälle werde ich sicher noch weitere Werke von Durlacher lesen. An der Lesung in Zürich war ich nicht, da sie in der gleichen Woche las, wie ich bei der Aufzeichnung des Literaturclubs war. Da muss man leider auch mal verzichten können.

    Übrigens gibt es vom Magazin „Du“ eine Ausgabe aus dem Jahre 2011 „Jüdische Kultur – Vom Glück und Unglück in Unterzahl zu spielen“, das ich mir hier nachbestellt habe: http://www.du-magazin.com/de/magazin/nachbestellungen/detailheft.htm?heftid=252

    Herzlich buechermaniac

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