LongListLesen 2014|Ulrike Draesner: Sieben Sprünge vom Rand der Welt

Ulrike Draesner ist nicht unbekannt im deutschen Literaturbetrieb. Sie kann auf ein umfangreiches wie vielfältiges Werk zurückschauen. Zahlreich Preise hat sie bereits für ihr lyrisches und erzählerisches Schaffen erhalten. Die gebürtige Münchnerin gelangte mit ihrem aktuellen Roman »Sieben Sprünge vom Rand der Welt« auf die LongList des Deutschen Buchpreises 2014.

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Der Verlag wirbt mit folgendem Plot: Ulrike Draesner kreuzt die Lebenswege der schlesischen Grolmanns mit dem Schicksal einer aus Ostpolen nach Wrocław vertriebenen Familie. Vier Generationen kommen zu Wort. Virtuos entwirft sie ein Kaleidoskop der Erinnerungen, die sich zu immer neuen Bildern fügen. Sie zeigen, wie die durch Flucht und Vertreibung ausgelösten Traumata weiterwirken und wie sich seelische Landschaften von einer Generation in die nächste weitervererben. Die Geschichten der Grolmanns und der Nienaltowskis werden zum Spiegel von hundert Jahren mitteleuropäischer Geschichte. Sie erzählen von den Mühen und Seligkeiten zwischen Eltern und Kindern, von Luftwurzeln, Freiheit und Migration.

Ihr wohl persönlichstes Buch spaltet die Leserschaft und so auch meine beiden Mitblogger, die sich bei LongListLesen 2014 für dieses Buch beworben hatten. Ilja von Muromez spricht von einem unheimlich starken und gleichzeitig herzlichen Buch, das erschüttert und trifft. Er lobt die sorgfältige Recherchearbeit der Autorin und auch komplexe Themen (neurowissenschaftlichen Gebiete: Kontraste zwischen Mensch und Affe) behandelt sie leichtfüßig, so dass sie verständlich und aufschlussreich wirken. Auch er hatte, wie viele andere Leser, mit anfänglichen Schwierigkeiten bzgl. der Sprache Draesners zu kämpfen.

Nach einem etwas mühsamen Einstieg verdeutlicht sich aber die Intention von Draesner, die jeden Charakter stilistisch anders behandelt, was man in diesem Zusammenhang als eine Besonderheit betrachten kann.

Für ihn ein durchaus gelungenes Buch, für das er eine hohe Wertung vergibt.

Angespornt durch ihre eigene Familiengeschichte nähert sich Ulrike Draesner ungewöhnlich einem breitgetretenen Thema. Ihr Konzept geht auf, die unterschiedlichen Blickwinkel verdeutlichen starke Nachwehen des Krieges. Nicht einmal die Abkömmlinge kommen ungeschoren davon und können sich lösen. Zu tief sitzt der Schmerz, den ihre Vorfahren auf sie übertragen haben – ein schweres Erbe.

MacG auf lesenmachtglücklich führte ein regelrechtes LeseTagebuch zum Roman. Ich bin nach wie vor beeindruckt mit welcher Intensität und Ausführlichkeit MacG dieses Projekt begleitet hat. Meine Hochachtung, zumal ihn das Buch nicht wirklich begeistert hat. Ich finde es immer sehr schwierig über ein Buch zu schreiben, was mich nicht positiv bewegt hat. Eigentlich möchte ich dann nicht mehr Zeit als nötig noch mit diesem verbringen. Anders bei MacG.

Zunächst machte er sich  unter dem grandiosen Titel: Longlist-Shortlist-Alles Mist. Gedanken zum Rummel um Short- und LongList im Allgemeinen. Sowohl an den Vorbereitungen zur Lektüre als auch am „Sprung ins kalte Wasser“ lässt er seine Leser teilhaben. In seinem Zwischenbericht zur Lektüre stellt er bereits fest:

Voller Vorfreude bin ich dieses Buch angegangen, bin in die ersten Seiten getaucht und, wie man meinem ersten Beitrag zu den 7 Sprüngen anmerkte, den ich für die Aktion Longlistlesten 2014 verfasst habe, ist es mir nicht wirklich gelungen, diese Vorfreude in Lesefreude zu verwandeln.

Die Geschichte wird von vielen (insgesamt 7) Personen aus den jeweiligen Perspektiven erzählt, womit man sich mit vielen Stimmen auseinandersetzen muss, die ihre Sicht der Dinge oder einfach irgendetwas erzählen. Dabei springt man auch in der Zeit hin und her, so dass man, vor allem zu Beginn des Romans, mit der Orientierung zu kämpfen hat, in welcher Zeit und an welchem Ort man sich befindet. Erschwert wird diese Orientierung dadurch, dass innerhalb der Erzählperspektiven sich die eigentlichen Geschehnisse ebenfalls sprunghaft ändern. Das erfordert für das Lesen dieses Romans ein hohes Maß an Konzentration, welche ich während der Lektüre dieses Buches leider nicht aufbringen konnte.

In seinem abschließenden Urteil wägt er Form und Inhalt noch einmal sehr genau ab und will sich nicht auf ein schlechter oder gutes Buch festlegen. Es ist aber sicher eins, was im Gedächtnis bleibt und den Leser fordert.

Doch allen Unkenrufen und schwierigen Passagen zum Trotz wird dies ein Buch sein, welches sicher irgendwann einmal wieder den Weg in meine Hände finden wird, um ein wenig darin zu blättern und wer weiß, vielleicht lese ich es auch noch einmal komplett. Ich kann ja die Passagen, die mir das Lesevergnügen getrübt haben, dann besser einschätzen und vielleicht fügen sie sich dann besser in das Gesamtbild ein.

Die Autorin ist mir ihrem Roman auch auf zehnseiten zu erleben und wer sie live sehen möchte hat dazu ebenfalls Gelegenheit. Mit ihrem Roman tourt sie noch bis Dezember in Deutschland.

Vielen Dank an Ilja und MacG für eure Eindrücke und Teilnahme bei LongListLesen 2014.

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Ulrike Draesner: Sieben Sprünge vom Rand der Welt
Luchterhand Literaturverlag, München 2014

7 Kommentare

    1. Lieber last man reading …

      wir werden sehen was nächstes Jahr alles sein wird. Und wir von LongListLesen behalten dich auf jeden Fall im Auge ;))

      Liebe Grüße
      Vera

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  1. Es war mir eine große Freude und auch Selbstverständlichkeit, für die Aktion diesen Aufwand zu betreiben. Nächstes Jahr gerne wieder.

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    1. @macg82 Wie schön, dass es dir trotz allem eine Freude bereitet hat so einen Aufwand zu betreiben. DANKE nochmal und ganz liebe Grüße von der Bücherliebhaberin

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