Vor mehr als 10 Jahren veranstaltete ich ein kleines Special auf meinem Blog. Ich stellte in einer Woche jeden Tag jüdische Literatur vor und bei meiner Recherche vorab entdeckte ich den AvivA Verlag.
AvivA kommt aus dem Hebräischen und ist die weibliche Form von Frühling. Verlegerin Britta Jürgs hat es sich zur Aufgabe gemacht, „den literarischen Kanon um weibliche Stimmen zu erweitern und bislang vernachlässigte Aspekte und Schätze des kulturellen Erbes in den Blick zu rücken.“ Dieses Jahr feiert Sie mit ihrem Verlag 25jähriges Bestehen. Das letzte Mal hatte ich Britta Jürgs in Mainz gesehen als sie ihren Verlag bei einem Bücherfrüstück bei „Erlesenes & Büchergilde“ vorstellte.
Da ein Wiedersehen samt Feiern dieses Mal leider nicht geklappt hat, bat ich sie, mir die bisher fünf erfolgreichsten Veröffentlichungen des AvivA Verlags für einen Blogbeitrag zu nennen. Voilà hier sind fünf wunderbare Bücher, die in den vergangenen 25 Jahren wahre Longseller geworden sind.
1.„Das weiße Abendkleid“ von Victoria Wolff. Ein Roman über 4 Frauen und ein Kleid im Paris der 1930er Jahre. Der Roman der aus Heilbronn stammenden jüdischen Autorin wurde erstmals 1938/39 im Schweizer Exil veröffentlicht. Im Aviva Verlag erschien er 2007 und erhielt eine große Presseresonanz. Elke Heidenreich empfahl ihn 2008 in ihrer Fernsehsendung „Lesen!“. Das Buch hatte mehrere Auflagen. Inzwischen ist es bei uns nicht mehr im Hardcover, aber weiterhin in einer Taschenbuchausgabe lieferbar.
2. „So viel Energie“ von Hanna Gagel. Porträts von Künstlerinnen in der dritten Lebensphase: von Käthe Kollwitz und Meret Oppenheim bis Louise Bourgeois. Beispiele intensiver Kreativität und Produktivität machen das Potenzial der späten Jahre deutlich. Ein großartiges Buch mit 16 Künstlerinnenporträts, das erstmals 2005 veröffentlicht wurde und dessen 6. überarbeitete Auflage im Frühjahr 2022 erschienen ist. Bei diesem Buch gab es kein besonders großes Presseecho, aber es wirkt nachhaltig und wird immer wieder weiterempfohlen, so dass es seit 17 Jahren immer wieder neu aufgelegt wird.
3. „Zehn Tage im Irrenhaus“ von Nellie Bly. Erstmals ins Deutsche übersetzt, haben wir 2011 die Undercover-Reportage der amerikanischen Reporterin Nellie Bly (1864-1922). Diese wurde von Martin Wagner übersetzt und herausgegeben. Nach zwei Hardcover-Auflagen ist nun bereits die 4. Taschenbuchauflage erschienen. Mehr zu der Enthüllungsgeschichte könnt ihr auf danares.mag lesen.
4. „Einsame Weltreise“ ist der 1. Band der Reisetrilogie von Alma M. Karlin. Am 24.11.1919 bricht Alma Karlin zu ihrer Weltreise auf, die sie in den folgenden 8 Jahren durch 5 Kontinente führen wird. Durch ihre Reiseerlebnisbücher, die sie Ende der 1920er Jahre nach ihrer Heimkehr nach Cilli (slowenisch Celje) verfasst, wird sie zu einer der berühmtesten und meistbewundersten europäischen Reiseschriftstellerinnen. Wir haben „Einsame Weltreise“ 2019 neu aufgelegt und mit einem Nachwort von Jerneja Jezernik herausgegeben. Inzwischen ist das Buch in der 4. Auflage. Einen ersten Eindruck vom Reisebericht bekommt ihr unter: mexikoverstehen
5. In „Ein Mensch wird“ wollte Alma M. Karlin zeigen, wie sie zur Weltreisenden wurde. Karlin fand für ihre Autobiografie, die sie 1930/31 geschrieben hat und am Vorabend der Weltreise endet, zu Lebzeiten leider keinen Verlag. 2010 gab es bereits eine slowenische Übersetzung aber erst 2018 erschien die deutschsprachige Originalausgabe bei uns. Auch hier konnte ich eine gute Rezension finden. Besucht einfach den Blog buchpost.

Ich wollte von Britta noch wissen, ob sie einen heimlichen Favoriten hat. Einen, der es bisher nicht in die TOP 5 geschafft hat…
Die AvivA-Bücher sind für mich alles Herzblut- und Favoritenbücher – ich wünsche allen, dass sie wahrgenommen werden und die Autorinnen sichtbar machen und es schmerzt bei jedem Buch, bei dem das nicht wirklich gelingt. Aber ich hoffe immer noch, dass der Nachhaltigkeitseffekt auch bei den anderen Autorinnen eintritt – sowohl in der Belletristik als auch im Sachbuch. Allerdings ist es ein Teufelskreis: Wenn die Bücher erst einmal nicht mehr in den Barsortimenten verfügbar sind, sieht es so aus, als gäbe es sie nicht mehr. Umso wichtiger sind Aktionen wie zum Beispiel die Indiebookchallenge, womit wir auf unsere wunderbaren Backlist-Titel aufmerksam machen können, die wir alle haben und die nicht weniger gut sind, weil sie schon etwas älter sind.
Britta Jürgs
Meine Aviva-Schätze
Gerade begonnen habe ich mit Iris Schürmann-Mock „Ich finde es unanständig, vorsichtig zu leben. Auf den Spuren vergessener Schriftstellerinnen“. Das Buch erschien im Rahmen des Verlagsjubiläums und stellt 25 deutschsprachige Schriftstellerinnen aus drei Jahrhunderten in den Fokus. Jede einzelne wird mit einem kurzen Porträt und einer Leseprobe vorgestellt. Zusätzlich erhalten Lesende Literatur- und Filmtipps und weitere Hintergrundinformationen. Ich habe mit der Herausgeberin Iris Schürmann-Mock gesprochen und schon bald erscheint ein Beitrag dazu auf meinem Blog. Zu meinem Geburtstag lag auf meinem Geschenketisch ebenfalls ein neues Buch aus dem diesjährigen Herbstprogramm: Alice Rühle-Gerstel “ Der Umbruch oder Hanna und die Freiheit“. Sehr angtan war ich letztes Jahr von Victoria Wolffs Roman „Gast in der Heimat“. Leider noch ungelesen steht Lili Grün „Mädchenhimmel“ in meinem Regal.
