Mit Maria fing alles an – Maria Montessori, der italienischen Ärztin und Reformpädagogin. Das war unser erstes Buch aus der Kinderbuchreihe Little People – BIG DREAMS. In dieser Reihe werden bekannte und auch zuweilen (für uns noch) unbekannte Persönlichkeiten auf kindgerechte Art vorgestellt und porträtiert. Das Besondere sind die außergewöhnlichen Illustrationen, der Fokus auf Frauen und der intensive Blick in die Kindheit der Porträtierten.

Ich gestehe, dass ich einen Moment gebraucht habe. Ich war nicht sofort von den Büchern begeistert. Ich empfand die Reihe zunächst als nicht zu rechtfertigten Hype. Und gerade von der Ausgabe über die mexikanische Künstlerin Frida Kahlo war ich überhaupt nicht angetan. Die Illustrationen sprachen mich nicht an und zu Hause gab es bereits ein wunderschönes Buch von Monica Brown und John Parra zu dieser außergewöhnlichen Malerin: Frida Kahlo und ihre Tiere. Kurz zusammengefasst: Ich machte einen großen Bogen um Little People.
Doch dann schaute ich mir in meiner Lieblingskinderbuchhandlung Nimmerland die Bücher etwas genauer an und entdeckte eben Maria. Als der nächste Kindergeburtstag anstand, nutzte ich die Chance und machte den Nachwuchs zu Hause mit Maria Montessori bekannt. Was folgte war ein Siegeszug der „Little People“.
Jede/r ist einzigartig
Bereits im Frühling 2019 startete die Reihe in Deutschland und mittlerweile sind 18 Bücher auf Deutsch erschienen. Darunter sind u.a. Anne Frank, Muhammed Ali, Jane Goodall, Jane Austen und Ella Fitzgerald zu finden. Hinter der Mehrzahl der „Little People – BIG DREAMS„-Bücher steht die Spanierin María Isabel Sánchez Vegara. Sie war jahrelang in der Werbebranche tätig und laut einem Interview, was sie vor kurzem mit ihrem deutschen Verlag führte, träumte sie schon früh davon Schriftstellerin zu werden. Die Initialzündung für die Reihe war die Suche nach einem Geschenk für Ihre Nichten. In den Buchhandlungen fand sie jedoch die gleichen Heldinnen, die sie schon in den 70er Jahren anhimmelte und eins der unzähligen Prinzessinenbücher wollte sie nicht verschenken. An dieser Stelle muss ich hinzufügen, dass es mittlerweile sehr wohl Bücher (zumindest im deutschsprachigen Raum) mit tollen Mädchencharakteren – jenseits der leider immer noch gängigen Klischees – gibt, beispielweise hier. Zurück zu Sánchez Vegara, die ihr erstes Buchprojekt 2014 verwirklichte und der franzözischen Modedesignerin Coco Chanel widmete. Schnell kamen weitere hinzu, so dass die spanische Edition bereits mehr als 40 Bücher umfasst.
Jede dieser Persönlichkeiten, ob Künstlerin, Pilotin oder Wissenschaftler, hat Unvorstellbares erreicht. Dabei begann alles, als sie noch klein waren: mit großen Träumen.
Sie arbeitet immer gleichzeitg an mehreren Buchprojekten, die sich jeweils in unterschiedlichen Phasen befinden und für jede Persönlichkeit sucht sie eine(n) neue(n) IllustratorIn, die/der auch einen persönlichen oder biografischen Bezug zu den Portraitierten hat. So fragte sie für Anne Frank die jüdische Illustratorin Dorosehva Sveta an. Laut María Isabel Sánchez Vegara steckt die Wirkmacht der Bücher in den Illustrationen und das kann ich nur bestätigen. Obwohl die Bücher immer als Teil der Reihe erkennbar sind, sorgen gerade die Illustrationen für einen sehr individuellen Charakter und erzeugen eine immense Sogkraft.
Jedes Buch umfasst ca. 30 Seiten und auf den einzelnen Seiten finden sich jeweils wenige Sätze, so dass die Bücher perfekt zum Vorlesen sind, sich aber auch sehr gut für LeseanfängerInnen eignen. Auf den letzten beiden Seiten kommen vor allem ältere Kinder auf ihre Kosten, da zusätzliche Informationen vermittelt werden und auch Originalbilder der Portraitierten abgebildet sind.
Welche Persönlichkeiten für die Reihe in Frage kommen, hängt von verschiedenen Kriterien ab: Es sind vor allem Menschen, die schon als Kind Mut bewiesen haben und die Welt verändern wollten. Dabei spielen Frauen eine wichtige Rolle. Das bedeutet aber nicht, dass Männer generell vernachlässigt werden, wie die Bände über Muhammed Ali, Martin Luther King oder Stephen Hawking bezeugen. Das Besondere ist aber, das die Kindheit der ProtagonistInnen in den Fokus gerückt wird. Und so ist es unabdingbar, dass genügend Informationen und Fakten zu den Kindheitsjahren vorliegen.
Täglich erhält Sánchez Vegara viele Vorschläge für weitere Bücher und auch mir fallen direkt diese Frauen ein: Tina Modotti (Fotografin), Clara Zetkin (Politikerin und Frauenrechtlerin), Gerda Taro (Fotografin), Toni Morrison (Schriftstellerin), Gabriela Mistral (Schriftstellerin), Erika Mann (Schauspielerin und Schriftstellerin). Sie erhält auch Anfragen von den unterschiedlichen ausländischen Verlagen mit denen sie zusammen arbeitet. So entstanden auf Wunsch ihres deutschen Verlages Suhrkamp die Titel über Pina Bausch (Leseprobe) und Hannah Arendt. Für die einzelnen Bücher liest und recherchiert sie im Vorfeld mehrere Wochen und versucht immer auch Interviews zu finden, denn aus diesen und bekannten Zitaten, kann sie den Charakter der Portraitierten besser erkennen.
Biografische und autobiografische Texte machen einen großen Teil meiner persönlichen Lektüre aus, so dass ich gar nicht widersprechen konnte, als meine Kinder irgendwann verlangten: „Wir wollen alle haben“. Ich finde es großartig durch die Bücher mit ihnen über Themen sprechen zu können, die sonst im Alltag nicht spontan vorkommen und Ihnen auch zu zeigen, dass vieles möglich ist – egal welches Geschlecht und welche Hautfarbe. Nach jeder Lektüre wird erstmal der Antolin-Test gemacht und danach suchen wir gemeinsam Videos über die Persönlichkeiten, denn die Neugierde ist groß. Und so haben wir schon Musik von Ella Fitzgerald und David Bowie gehört und versucht wie Rudolf Nurejew zu tanzen. Wegen Anne Frank wird hier nun ein Tagebuch geschrieben und wir haben die Orginalausgabe schon mal in meinem Bücherschrank gesucht.

Immer suche ich nach Anlässen, damit ich mit einem Buch nach Hause kommen kann. Hannah Arendt habe ich einfach für mich selbst gekauft. Ich war sehr gespannt, wie María Isabel Sánchez Vegar ihre Biografie umgesetzt hat. Vor nicht so lange Zeit hatte ich erst die von Alois Prinz: Hannah Arendt oder Die Liebe zur Welt in der Hand und gelesen.
Die nächsten Veröffentlichungen, die im Herbst erscheinen, wurden schon begutachtet. Wir freuen uns ganz besonders auf Astrid Lindgren (Leseprobe), Pina Bausch, Zaha Hadid (Leseprobe) und Simone de Beauvoir (Leseprobe). Letzteres ist für mich selbst.
Besprechungen zu einzelnen Büchern findet ihr beispielsweise auf Nordseiten, femalewritersclub, LESELUST und Leaf und Literature,
María Isabel Sánchez Vegar: Little People -BIG DREAMS
Übersetzt von Svenja Becker