Welch bibliophiler Narr träumt nicht von der eigenen Buchhandlung? Meist heimlich, denn wenn man doch einmal den Traum in aller Öffentlichkeit ausspricht, bricht großes Unverständnis aus: In solchen Zeiten einen Buchladen?? Wer weiter träumen möchte, findet in Petra Hartliebs Roman nicht nur literarische, sondern vielmehr moralische Unterstützung.
Es ist in den letzten Jahren schon richtig Mode geworden: Bücher über bibliophile Themen. Mit dabei natürlich die kleine, geheimnisumwobene Buchhandlung, die kurz vor dem Aus steht aber durch scheinbar magische Kräfte gerettet wird. Ich habe in den letzten Monaten gleich drei davon gelesen: Thomas Montasser mit seinem Roman „Ein besonderes Jahr“, Christoph Morley und „Das Haus der vergessenen Bücher“ und Petra Hartlieb „Meine wundervolle Buchhandlung“. Sie könnten nicht unterschiedlicher sein und trotzdem verbindet sie eben jenes Thema: Eine Buchhandlung. Nur das Petra Hartlieb aus ihrem Leben als passionierte Buchladenbesitzerin berichtet und Montassers und Morleys Romane reine Fiktion sind.
Petra Hartlieb: Meine wundervolle Buchhandlung
Ich glaube ich bin nicht die einzige, die mit Petra Hartlieb tauschen möchte. Einer Frau, die sich durch nichts abschrecken lässt, um ihren persönlichen Traum wahr werden zu lassen. Ihr Schreibstil ist authentisch und verständlich. Ihre natürliche Art macht sie so sympathisch und nahbar. Sie beschreibt die Zeit, als sie mit ihrem Mann über Nacht und ohne wirkliche Mittel eine alte Buchhandlung in Wien gekauft hat, wie sie sich das Geld von Freunden und der Bank zusammen geborgt haben, mit welchen Hindernissen sie zu kämpfen hatten und wie viel Zeit und Nerven dieses ehrgeizige Projekt gekostet hat und auch immer noch kostet.
Den nie langweilig werdende Alltag einer Buchhändlerin erzählt Hartlieb mit viel Humor und Liebe zum Detail. Ganz nebenbei erfährt man witzige Anekdoten zu Schriftstellern wie Daniel Glattauer und T.C. Boyle.
Ihr Roman ist ein sehr intensiver Blick hinter die Kulissen. Ein Blick in das Leben einer Buchhändlerin, aber auch ein sehr privater. Man fühlt sich nach der Lektüre als Teil der Familie und wenn man dann persönlich vor Petra Hartlieb steht, hat man das Gefühl man kennt sie schon ewig. Nur, dass man ihr ja völlig fremd ist. Welch Glück, sie wenigstens kurz kennen gelernt und ein wenig mehr aus ihrem Leben erfahren zu haben.
In der Bloggerszene wurde das Buch rauf und runter besprochen (Astrolibrium, buzzaldrins, Bücherkaffee, buchpost, lustzulesen, masuko13, Urwort) und in zahlreichen Interviews gewährt Petra Hartlieb (Klappentexterin und bei Sophie von Literaturen) weitere Einblicke in ihr Leben und tägliches Arbeitswerk. Wie sie es schafft neben dem Buchladen auch selbst Schriftstellerin zu sein, bleibt vielen ein Rätsel – mir auch.
Fiktion verblasst im Vergleich

Im unmittelbaren Vergleich mit den beiden fiktionalen Romanen musste ich feststellen: Das Leben schreibt eben doch die schönsten Geschichten. Thomas Montasser und Christoph Morley verblassen regelrecht neben der authentischen Story von Petra Hartlieb. Montassers Idee erscheint auf den ersten Blick originell. Die mysteriösen Vorgänge in der Buchhandlung von Valeries Tante sind zunächst fesselnd. Da ihre Tante spurlos verschwunden ist, muss Valerie sich notgedrungen um den Laden kümmern und entdeckt mit der Zeit die Magie und den Zauber, die von den Büchern ausgehen. Aber je mehr ich mich dem Ende näherte, um so mehr flachte die Geschichte ab und die Auflösung am Ende war für mich eher enttäuschend.
Ähnlich erging es mir mit Christoph Morley. Da ich keine besondere Leidenschaft für die englische Literatur hege, waren die zahlreichen Bezüge für mich eher erschwerend als zugänglich. Auch die Story an sich empfand ich konstruiert und wenig überzeugend.
Von daher lasse ich noch einmal das pure Leben mit Petra Hartlieb sprechen:
„Erklären kann man das Ganze wahrscheinlich nur mit dem Begriff der Leidenschaft. Man könnte vielleicht auch verrückt dazu sagen. Denn ganz normal ist es wohl nicht, wenn man nach einem Zehnstundentag, an dem man gefühlte zweihundert Bücher aller Genres nacherzählt hat, am Küchentisch sitzt, völlig begeistert die Vorschaupakete von Rowohlt und Hanser aufreißt und sich über einen neuen Auster oder T.C. Boyle freut, als hätte man noch kein einziges Buch auf dem Nachttisch liegen. Es ist eine Sucht, und wir sind beider verfallen, und auch das Kind ist bereits infiziert und stürzt sich auf die Vorschaupakete der großen Kinderbuchverlage. […]
Sie ist zwar ein Mädchen, liest aber prinzipiell nichts, was auch nur annähernd so aussieht, als wäre es für Mädchen geschrieben. Sie liest Bücher, die nicht unbedingt für ihr Alter verfasst wurden, und im Alter von sieben hat sie ein Hang zu Problemromanen. Scheidung, Patchwork, schwierige Freundschaften.
»Und, hast du´s schon verkauft?« Die tägliche Frage beim Abendessen.
»Tja, es ist schwierig. Weißt du, immer wenn ich beginne, die Geschichte zu erzählen, und sage, dass es um ein Mädchen geht, bei dem die Eltern sich scheiden lassen und dann … dann unterbrechen mich die meisten Kunden und wollen es nicht kaufen.«
»Warum nicht?«
»Weil sie nicht wollen, dass ihre Kinder so etwas lesen, mit Scheidung und so.« »Weil sie sagen, das hat nichts mit ihrem Leben zu tun, das wollen Kinder nicht lesen.«
»Aber die Erwachsenen lesen dich auch Bücher, die nichts mit ihrem Leben zu tun haben.«
»Was meinst du?«
»Na ja, die kaufen doch auch Krimis und wollen nicht morgen jemanden umbringen?«“
Mehr Bücher zu bibliophilen Themen findet ihr hier.
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Petra Hartlieb: Meine wundervolle Buchhandlung
Dumont Verlag, Köln 2014
Ich muss gestehen ich gehöre auch zu jenen Menschen, die von einer Buchhandlung träumen. Ich bewundere all jene, die diesen Schritt gemacht haben und mit sehr viel Liebe und Durchsetzungsvermögen heute ihren Beruf ausüben. Man kann diesen Einsatz nicht hoch genug einschätzen. Viele Grüße
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Ja, so eine Buchhandlung spuckt in vielen Köpfen herum – auch in meinem. Aber das wird wohl nichts so schnell … Daher habe ich großen Respekt vor Petra Hartliebs Einsatz.
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vielen dank für den kurzen einblick in das buch von petra hartlieb. die passage ist wundervoll geschrieben. das buch landet sofort auf meiner leseliste.
liebe grüße und einen schönen sonntag,
kimi :)
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Liebe Kimi,
das freut mich natürlich und ich bin mir sicher, dass du es nicht bereuen wirst!
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