Mason Currey „Musenküsse“

93777-masoncurrey_musenkucc88sseDie Muse küsst den einen mehr den anderen weniger. Mason Curry wurde anscheinend besonders heftig geküsst. Denn er sammelte über Jahre die verschiedenen Arbeitsweisen von 88 berühmten Künstlern, durchforstete unzählige Tagebücher, Bio- und Autobiografien. Herausgekommen ist ein wunderschönes Buch mit all den herrlichen Macken der uns bekannten Mitmenschen.

So lese ich mit Erstaunen, dass sich Strawinski gegen Kopfblockaden rasch in den Kopfstand begab, um diesen auszuruhen und das Hirn zu erfrischen. Zudem konnte er noch nie komponieren, wenn er sich nicht sicher war, dass ihn auch ja niemand hörte. Patricia Highsmith hingegen wollte den Schreibakt so lustvoll wie möglich gestalten und umgab sich schon morgens im Bett mit Zigaretten, Aschenbechern, Kaffee, Donuts und einem Tellerchen Zucker. Ähnlich ging es Truman Capote, der ein „durch und durch horizontaler Schriftsteller“ war. Bei der Arbeit musste er ständig liegen und hortete Zigaretten und Kaffe neben sich. Dem Rauchen verschrieb sich auch der große Sigmund Freud. Gegenüber seinem Neffen äußerte er: „Mein Junge, Rauchen ist eine der größten und billigsten Vergnügen im menschlichen Leben, und wenn du von vornherein beschließt, nicht zu rauchen, so kann ich dich nur bedauern.“

muse

Sind die einen sehr diszipliniert und bevorzugen einen klar strukturierten Arbeitstag wie Gustav Mahler oder Joan Miró, so lassen andere sich gehen, schlafen bis tief in den Tag und finden im Chaos ihr kreatives Schaffen. Es gibt aber auch ganz ausgefeilte Macken: Gertrude Stein wollte beim Aufsehen von ihrer Arbeit gern eine Kuh sehen und so sah sich ihre Gefährtin Alice B. Toklas gezwungen bei Ausflügen ein Kuh in ihr Blickfeld zu treiben. Gustav Mahler wollte früh morgens noch niemanden sehen und so musst die Haushälterin, um das Frühstück zu bringen, beschwerliche Umwege in Kauf nehmen. Heminway war ein Kind der frühen Stunde. Schon gegen halb sechs begann sein Tag. Weitere Frühaufsteher waren Faulkner, Mozart – „Um sechs Uhr früh bin ich schon allzeit frisiert“ – und Beethoven. Dieser zählte für seinen morgendlichen Kaffee genau 60 Bohnen ab. Köstlich. Beeindruckt hat mich auch Stephen King, der ausnahmslos jeden Tag (auch an Geburtstag und Feiertagen) sein Pensum von zweitausend Wörtern schrieb!

In „Musenküsse“ erfährt der interessierte Leser so manchen Hintergrund zu echten Klassikern; u.a. zu Jonathan Franzen mit „Die Korrekturen“

„Eigentlich ging es freitags los, wenn mir plötzlich klar wurde, dass die Arbeit der ganzen Woche schlecht war. Ich feilte den ganzen Tag daran, um sie in Form zu bringen, bis ich mir um vier endgültig eingestehen musste, dass sie schlecht war. Zwischen fünf und sechs gab ich mir mit Wodka die Kante. Danach aß ich viel zu spät zu Abends, erfüllt von einem kranken Gefühl des Versagens. Ich habe mich die ganze Zeit über gehasst.“

Mich selbst inspirieren Listen, um mein tägliches Pensum zu schaffen. Da gibt es die „Oberliste“ auf der wirklich alles drauf steht. Aus der wird dann die tägliche Liste abgeleitet. Helfen kann dann immer ein Stück Schokolade zur Motivationssteigerung oder ein gutes Stück Kuchen am Nachmittag.

So, jetzt bin ich gespannt, wie ihr Euch anregt bzw. woher ihr eure tägliche Motivation schöpft.

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Mason Currey „Musenküsse“
Original: „Daily Rituals. How Artists Work“
Kein & Aber AG Zürich – Berlin, 2014
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4 Kommentare

  1. Hallo zeilentiger,

    die Auswahl der Beispiele war gar nicht so einfach und man kommt ins Staunen, was sich so alles hinter einer Berühmtheit verbirgt. Die Reaktionen auf die Macke sind mannigfaltig: Von Kopfschütteln bis herzlichen Lachen war alles dabei. Unbedingt lesen!!

    Herzliche Grüße
    Die Listenliebhaberin ;)

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  2. Liebe Erima,

    witzig, beim Duschen sind mir noch nie Ideen gekommen. Da kann ich eigentlich sehr gut abschalten. Aber du hast Recht Pausen sind immer sinnvoll. Ich versüße sie mir eben mit einem Stück Kuchen & Kaffee ;)

    Liebe Grüße von der Bücherliebhaberin

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  3. Ein interessantes Buch! Ich finde es jedes Mal spannend, wenn ich erfahre, wie Künstler arbeiten und wie sie inspiriert werden.

    Mir kommen Ideen oftmals beim Duschen, beim Spazierengehen und beim Lesen.
    Während ich dann schreibe, lasse ich mich von nichts ablenken. Von Süßigkeiten nicht, aber auch nicht von Musik. Lieber lege ich dann zwischendurch eine kleine Pause ein, in der ich dann was esse, trinke und entweder meinen Gedanken weiter nachgehe oder kurz abschalte. :)

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