Yimeng Wu „Paris toujours“

68d5e-22paristoujours22vonyimengwuDie schönsten Entdeckungen geschehen durch Zufall und so habe ich auch dieses Schmuckstück gefunden. Das perfekte Geschenk für alle Frankophilen, Paris-Verehrer, Chanson- und Illustrationsliebhaber. Die Künstlerin Yimeng Wu widmet sich in ihrem Band der Stadt der Liebe, der Stadt des Lichts und „der meist besungenen Stadt Europas“.

Während ihrer Parisaufenthalte entstanden die im Buch veröffentlichten Zeichnungen. Im vorderen Teil finden sich Bleistift- und Kreidezeichnungen, im zweiten Teil hat sie mit Tusche und Filzstift auf rauen, gelben Papier gearbeitet. Hier zeigen sich auch ihre chinesischen Wurzeln. Schon als Kind hat Yimeng Wu angefangen Tuschemalerei zu erlernen und noch heute gibt sie Unterricht in Kalligrafie und Malerei. Die verschiedenen Parismotive werden künstlerisch von Chansons eingerahmt.

Der wunderschöne Leineneinband ist auf der Vorderseite mit einer Prägung versehen. Für die Innenseiten wurden zwei verschiedene Papiersorten verwendet: Munken print cream und FocusVergé, zum Teil eingefärbt. Eine weitere Besonderheit: Die Bücher des Mannheimer kunstanst!fter verlags werden ausschließlich regional produziert, gedruckt wird auf FSC Papier und CO2-neutral mit Biofarben.

Trotz der zeichnerischen Mannigfaltigkeit und der verschiedenen Techniken bleibt der roten Faden bestehen und Paris wird auf sehr berührende und intime Art und Weise lebendig. Schon die Idee Chansons mit aktuellen Parismotiven zu verknüpfen hat mir sofort sehr gut gefallen. Die typografische Gestaltung der Chansons finde ich besonders gelungen. Mich interessierte die Intention der jungen Künstlerin und bat um ein Interview.

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Yimeng Wu „Paris toujours“

Im Gespräch mit Yimeng Wu

Sie bezeichnen Ihr neues Buch als „un carnet de voyages“. Ist es für Sie gleichzeitig auch ein grafisches Tagebuch ihrer Pariszeit geworden? 

Yimeng Wu: Ja absolut. Es ist ein sehr persönliches, visuelles Tagebuch. In der Zeit bin ich immer wieder durch die unterschiedlichen Arrondissements gelaufen und setzte mich mit dem Skizzenbuch nieder an Orten, die mich anzogen. Es sind kleine Momentaufnahmen entstanden, bei denen ich versucht habe, die Atmosphäre festzuhalten. Z.B. das dunkle Bild vom Quartier Latin: es war an einem diesigen Tag im Sommer, kurz bevor ein Gewitter anbrach. Ich hatte damals nicht daran gedacht, die Bilder zu veröffentlichen. Umso schöner ist es, sie nun mit vielen teilen zu können.

Ich habe es auch als eine Art Liebeserklärung an die „meist besungene Stadt“ wahrgenommen. Was hat Sie so begeistert? 

Yimeng Wu: Mich fasziniert die Geschlossenheit & Wiederholbarkeit dieser Stadt, die sich seit der “Belle Époque” unter Haussmann nicht groß geändert hat. Das stolze historische Erbe, welches die Bewohner tagtäglich begehen und bestaunen können. Paris ist in der Hinsicht das Gegenteil meiner Heimatstadt Shanghai, wo es alle drei Monate einen neuen Stadtplan gibt. Damals bin ich mit dem romantischen Paris-Ideal dorthin gekommen, um festzustellen, dass der Alltag in Paris ganz schön hektisch und oft alles andere als glamourös sein kann. Erst nach ein paar Wochen „Eingewöhnung“ konnte ich peu à peu den Charme der Stadt verstehen. Das Zeichnen in der Stadt war eine Art Annäherung.

Wie lange waren Sie in Paris und wie hat die Stadt ihre künstlerische Arbeit beeinflusst? 

Yimeng Wu: Im Jahre 2007 habe ich an der ENSAD studiert. Neben dem was ich vom Studium aufgenommen habe, gab es viele Inspirationen aus dem Leben: die Vögel im Jardin du Luxembourg, die quirligen Straßen im Chinatown von Belleville, Besuch im ehrwürdigen Louvre oder Picknick auf der Île Saint-Louis… nur um einige zu nennen. Das Leben fand draußen statt, da niemand sich eine große Wohnung leisten konnte. Es war eine leichte und beschwingte Zeit. All dies floss mit in die Zeichnungen. Einige der Zeichnungen stammen aus späteren Besuchen im Jahr 2012 und 2013, als ich wieder „Touristin“ war. Die spätere Sicht hat sich verfeinert: es gibt mehr Details und klare Formgebung. Das sieht man z.B. an der Szene „Montmartre“.

Gab es bei der Motivauswahl für „Paris toujours“ ein Lieblingsmotiv? Und wenn ja warum gerade eben dieses? 

Yimeng Wu: Das Bild von „Paris la Nuit“. Bei Dämmerung stieg ich aus der U-Bahn-Station Odéon am Boulevard Saint-Germain. Es blieb noch Zeit bis meine Freunde kamen. So zeichnete ich das Café auf der gegenüberliegenden Straßenecke – als die ersten Lichter an gingen und das Café sich mit Leben füllte. Das Lied dazu beschreibt genau diese „magische“ Atmosphäre.

Im ersten Teil des Buches stehen bekannte Plätze bzw. Sehenswürdigkeiten im Vordergrund. Im zweiten Teil widmen Sie sich den Parisern selbst. In Frankreich haben diese außerhalb von Paris keinen guten Ruf. Wie waren ihre Erfahrungen? 

Yimeng Wu: Im Buch handelt es sich eher um die mediale Inszenierung von Frauen in Paris. Damals begegneten mir unheimlich viele extrem glamourös inszenierte Frauenbilder im Stadtraum (auf riesige Werbebanner oder anderen Medien). Als junge Frau wirkten diese Bilder auf mich faszinierend und verstörend zu gleich. Durch die Tusche wollte ich dem Perfekten etwas Makel und Natürlichkeit hinzufügen. Es ist auch eine nicht ganz ernst gemeinte Betrachtung der „Modewelt“ mit ihren Luxusgütern.

Wie haben Motive und Chansons zueinander gefunden? Was gab es zuerst: die Idee für die Bilder oder die Lieder? 

Yimeng Wu: Die Bilder waren zuerst da. Die Chansons kamen später dazu, um den persönlichen Bildern noch eine „kulturelle Ebene“ zu geben. Die Idee, Bild mit Lied zu verbinden ist vielleicht eine chinesische Tradition: im historischen Landschaftsbild bilden Kalligrafie und Bild eine unzertrennbare Einheit. Oft schrieben die Maler eigene Gedichte zu ihren Motiven oder zitierten andere Meister. Hier sind es Chansons aus dem „Fin de Sieclè“. Das Interessante ist, dass sie immer noch zu Bildern der heutigen Zeit passen. Sie alle schreiben am großen kollektiven Mythos der Stadt.

An welchen Projekten arbeiten Sie momentan?

Yimeng Wu: Gerade versuche ich China & Frankreich miteinander zu verbinden: im letzten Jahr war ich dank eines Stipendiums des deutsch-französischen Jugendwerkes in Lyon, um dort im „Chinesischen Archiv“ der Stadtbibliothek zu forschen. Ich begab mich auf die Spurensuche nach Lebensgeschichten von chinesischen Studenten, die in den 20er und 30er Jahren des letzten Jahrhunderts ins Lyoner „Institut Franco-Chinois“ kamen. Die recherchierten Inhalte liefern die Basis für das nächste Bilderbuchprojekt, welches die Geschichte des Austausches aus einer fiktiven, persönlichen Perspektive erzählen wird.

Im Mai dieses Jahres wird ein anderes Projekt im Konfuzius-Institut Berlin ausgestellt: „The Things are Us, We are Us“ zeigt geheimnisvolle deutsche und chinesische Alltagsgegenstände, die von Menschen aus dem jeweils anderen Land entdeckt und neu erklärt werden. Natürlich ist nichts so, wie es erscheint…
Das Buch dazu namens „Dinge-Geschichten“ ist im letzten Jahr im Drachenhaus-Verlag erschienen.

Vielen Dank für das Gespräch!

Yimeng Wu: Es hat mir Freude gemacht, über die Zeit, in der die Zeichnungen entstanden sind, nachzudenken…

Mein Fazit: TOUJOURS „Paris toujours“
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Yimeng Wu „Paris toujours“
kunstanst!fter Verlag, Mannheim 2014
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