Seit 5 Jahren auf Empfang: DER WELTEMPFÄNGER

Vor einiger Zeit hatte ich Euch an dieser Stelle den Weltempfänger kurz vorgestellt. Dieser feiert mit seiner 20. Ausgabe sein fünftes Jubiläum! In Anbetracht des diesjährigen Gastlandes Brasilien sind natürlich auch drei brasilianische Schriftsteller vertreten, u.a. auch Bernado Kucinski, den ich gerade erst mit seinem Roman „K. oder Die verschwundene Tochter“ vorgestellt hatte. Den Initiatoren des Weltempfängers möchte ich sehr herzlich gratulieren und auch für die regen Leseempfehlungen einmal im Quartal danken. In diesem Zusammenhang wollte ich es noch einmal genau wissen und bat Anita Djafari, Geschäftsleiterin bei litprom um ein Kurzinterview.

Anita Djafari
Anita Djafari

Wer kam vor fünf Jahren auf die Idee?

Auf die Idee kam der Schriftsteller Ilija Trojanow, der langjähriges Mitglied bei litprom ist und Vorsitzender der Jury. Er war also der Initiator, wir haben die Idee gern aufgegriffen und umgesetzt.

Wie kam die Liste zu ihrem Name und wer hat die Jury zusammengestellt? Gab es auch personelle Wechsel mit der Zeit

Den schönen Namen Weltempfänger verdanken wir einem Jury-Mitglied der ersten Stunde, Arno Widmann, damals Feuilleton-Chef der Frankfurter Rundschau, nachdem wir sehr sehr lange darüber nachgedacht hatten. Er ist inzwischen nicht mehr dabei, weil er in die Politik-Abteilung der Berliner Zeitung gewechselt ist. Ganz am Anfang war auch der Schriftsteller Navid Kermani dabei, der aus Zeitgründen wieder ausgestiegen ist. Es hat sich aber immer wieder schnell „Ersatz“ gefunden, daraus hat sich ein harter Kern ergeben, der schon lange dabei ist, zum Teil von Anfang an (Katharina Borchardt, SWR, Thomas Wörtche), die anderen kamen nach und nach (der österreichische Schriftsteller Karl-Markus Gauß, Andreas Fanizadeh, taz, Claudia Kramatschek, Cornelia Zetzsche, BR2) und bilden diesen harten Kern, kürzlich ist Ruthard Stäblein vom HR dazu gekommen, nachdem Kristina Pfoser vom ORF auch wegen Arbeitsüberlastung aussteigen musste. So ergibt sich gewissermaßen eine organische Rotation. Ich bin sehr dankbar für diese beständige, äußerst kompetente und verlässliche Zusammenarbeit mit diesen Literaturexperten, die das rein ehrenamtlich tun, aus purer Begeisterung für die Literatur aus Afrika, Asien, Lateinamerika und der Arabischen Welt.

Wie wählt ihr diese Bücher aus? Welche Kriterien müssen erfüllt sein?

Zu den Auswahlkriterien: Wir checken laufend alle Neuerscheinungen der belletristischen Titel in Übersetzung aus Afrika, Asien und Lateinamerika. litprom stellt eine Liste dieser Neuerscheinungen zusammen, die in regelmäßigen Abständen an alle geschickt wird. Dann wird gelesen und es werden erste Empfehlungen abgegeben nach dem Motto „diesen Titel unbedingt lesen, weil … „, den kann man sich schenken, weil…“ oder „ich bin mir nicht sicher, ich bin gespannt, was die anderen dazu sagen…“ Aus diesen Empfehlungen bilden wir eine Shortlist, d. h. jedes Jurymitglied nennt die Titel, die er unbedingt auf dem Weltempfänger sehen möchte. Diese werden zusammengefasst (es sind meistens zwischen 10 und 12, manchmal mehr). Dann haben alle noch mal Zeit, um ihre Punkte zu vergeben. Jeder hat 15 Punkte, davon darf er maximal 5 für einen Titel vergeben. Die werden dann zusammengezählt und daraus ergibt sich die Reihenfolge der 7 Titel der Liste.

Warum sind es gerade 7 Bücher und nicht 10?

Es sind „nur“ 7 Bücher, weil nach wie vor nicht so furchtbar viel aus Afrika, Asien und Lateinamerika übersetzt wird, und nicht alles ist so gut, dass wir es nach sorgfältiger Prüfung auch empfehlen möchten. Wir wollten mit einer höheren Anzahl nicht in Zugzwang geraten und Bücher empfehlen „müssen“, obwohl wir sie gar nicht so gut finden. Manchmal bedauern wir natürlich diese Limitierung wie im Moment, da so viele Neuerscheinungen aus Brasilien kommen. Aber in der Regel ist es gut so.

Wie macht Ihr auf den Weltempfänger aufmerksam?

Wir machen auf facebook über unsere litprom-Seite auf den Weltempfänger aufmerksam, und im Netz verbreitet er sich ganz prima, weil er dort geteilt wird, auch zunehmend von den Verlagen und deren Presseagenturen. Außerdem wird er mit einer Auflage von 12.000 Stück als Beilage im Börsenblatt an den Buchhandel verteilt, es gibt eine Liste von Bibliotheken, die den Weltempfänger haben möchten und auch Privatinitiativen, die das Plakat verteilen. In einigen Zeitungen und Zeitschriften wird er regelmäßig abgedruckt, z. B. in der Zeitschrift für Kulturaustausch und in der taz. In Österreich veröffentlicht „Die Presse“ jeweils eine ganze Seite einer Rezension eines Weltempfängertitels von unserem Jury-Mitglied Karl-Markus Gauß zusammen mit der Liste. Bei ARTE wird sie ebenfalls auf der Website eingestellt. Außerdem weisen unsere Medienpartner Radio Bremen und Deutschlandradio Kultur mit einigen Besprechungen darauf hin und verlinken auf der Website.

Wie viele Bücher liest jedes Jurymitglied im Vorfeld des kommenden Weltempfängers bzw. für die Auswahl? 

Wie viele Bücher die einzelnen Jurymitglieder lesen vor jeder Liste lässt sich schwer sagen. Mindestens 10 -15 würde ich sagen, das ist auch unterschiedlich, weil die Literaturredakteure und –kritiker Bücher hauptberuflich sichten, während andere wie die Schriftsteller und Andreas Fanizadeh, der eine ganze Redaktion bei der taz leitet und ich als Geschäftsleiterin von litprom noch viele andere Aufgaben haben.

Ergänzen muss man noch, dass wir inzwischen auch einen Preis vergeben, den LiBeraturpreis, das ist ganz neu. Er geht dieses Jahr an Patricia Melo. Wir werden den LiBeraturpreis ganz eng verzahnen mit der Weltempfänger-Liste, d. h. für den LiBeraturpreis 2014 werden die auf den vier Weltempfängerlisten ausgezeichneten Titel von Frauen die Shortlist bilden, und unsere Mitglieder und Mitglieder des Anderen Literaturklubs stimmen ab, welche die Preisträgerin sein soll. Somit ist der Charakter des Leserinnen- und Leserpreises bewahrt.

Liebe Anita, vielen Dank für das interessante Gespräch!

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9 Kommentare

  1. Liebe Sabrina,

    vielen Dank! Das litprom-Team kenne ich nun auch schon länger und die Arbeit, die sie jeden Tag leisten, finde ich beachtenswert. Daher binde ich die einzelnen Initiativen und viele Bücher aus dem Anderen Literaturklub gern auf meinem Blog ein.

    Übrigens bin ich gestern auch mit Gamerro fertig geworden ;)

    Liebe Grüße nach Wien von der Bücherliebhaberin

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  2. Hallo!

    Dieser Beitrag ist mir doch glatt durchgerutscht! Wir kennen den Weltempfänger wegen unseres Programms natürlich gut – umso spannender, hier ein Interview mit Anita Djafari zu lesen. Ein bisschen Buzz für die tolle Arbeit des litprom Teams kann nie schaden :)

    Lieben Gruß, Sabrina – Septime Verlag

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  3. Liebe caterina,

    da gebe ich Dir Recht und selbstverständlich habe ich nichts dagegen, wenn du es bei FB einstellst ;). Litprom sicher auch nicht. Ich erhalte ja auch die Ausgaben des Anderen Literaturklubs und bei diesen vier Büchern im Jahr befinden sich immer wieder sehr gute Werke aus weniger bekannten Verlagen!!

    Liebe Grüße
    Die Bücherliebhaberin

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  4. Liebe Andrea,

    ja litprom verfolge ich nun auch schon seit ein paar Jahren und mit dem Anderen Literaturklub und dem Weltempfänger entdeckt man immer wieder Literatur jenseits vom Mainstream.
    Liebe Grüße
    Die Bücherliebhaberin

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  5. Ach, toll, liebe Bücherliebhaberin! Den Weltempfänger und litprom verfolge ich schon seit geraumer Zeit, eine großartige Initiative, die auf einzigartige Perlen aufmerksam macht. Für mich als We-read-Indie-Mitglied noch mal besonders interessant, weil da häufig kleine Verlage vertreten sind, die sonst nicht so viel Aufmerksamkeit für ihre Bücher bekommen.
    Danke dir für das schöne Interview! Wenn du nichts dagegen hast, würde ich es in den nächsten Tagen mal auf unserer FB-Seite posten.

    Herzlich,
    caterina

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