Louis Begley "Mistlers Abschied"- abgebrochen

Ich breche sehr selten und nur in absoluter Not Bücher ab. Bei diesem Roman fiel es mir jedoch wirklich nicht schwer. Ich hatte mir ehrlich gesagt einiges davon versprochen. Ist doch Louis Begley mit seinen Romanen „Lügen in Zeiten des Krieges“ und „Ehrensachen“ ein von mir geschätzter Schriftsteller. Um so enttäuschter war ich von dieser Geschichte: Ein 60 jähriger, selbstverliebter Gockel erfährt von seinem Arzt, dass er Krebs hat und ihm nicht mehr viel Zeit übrig bleibt. Er beschließt seiner Familie nicht Bescheid zu geben und fliegt stattdessen nach Venedig, um das Leben noch einmal in vollen Zügen zu geniessen. Da er Inhaber einer internationaler Werbeagentur ist, erfährt der Leser zwangsläufig auch viel von seiner Arbeitswelt. Und das war der springende Punkt – es hat mich absolut nicht interessiert, wie er seine Agentur am besten verkauft, (d.h. seitenlange Gespräche mit seinem Rechtsanwalt über Aktien etc. – gähn), welche Kunden er hofiert, welche Aufträge er gewonnen hat und immer so weiter. In Rückblenden erzählt er sein erfolgreiches Leben, geprägt von Oberflächigkeiten in einer Gesellschaft, zu der ich einfach keinen Zugang gefunden habe.

Klar könnte man sagen, dass Begley einfach das Leben, so wie es nun mal ist, reflektiert und damit vielleicht auch eine gewisse Kritik übt. Aber mit solchen Themen und oberflächige Lebenswelten – die es ja zu tausenden gibt – will ich mich einfach in meiner kurzen Lesefreizeit nicht beschäftigen.

7 Kommentare

  1. Dann bin ich wohl bei Begley um diese Erfahrung reicher geworden. Begley selbst habe ich das erste Mal in Leipzig bei einer Lesung zu seinem Buch „Ehrensachen“ gesehen. Da kannte ich ihn noch gar nicht. War aber sofort beeindruckt. Und das letzte Mal eben bei genannter Lesung 2011. Er ist ein sympathischer, kluger und sehr leiser (im übertragenen Sinne) Mann. Vielleicht kommt er ja bald wieder nach Deutschland.

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  2. Na ja, wenn ein Schriftsteller zwei oder mehr sehr gute Bücher hintereinander schreibt, gehen wir Leser automatisch davon aus, dass er oder sie gar nicht oberflächlich oder schlecht oder banal oder was auch immer schreiben kann. Ein großer Irrtum! Ich glaube, dass jeder mal daneben haut. Und ich denke auch, dass das wichtig ist. Für die Leser, um das, was der Schriftsteller schon geleistet hat, noch einmal zu würdigen. Für den Schriftsteller, um sich seiner eigenen literarischen Sterblichkeit bewusst zu sein. Oder so.
    Ich bin übrigens immens neidisch, dass du die Chance, Ehre, das Glück und Vergnügen hattest, eine Begley-Lesung zu besuchen! *hach*

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  3. Liebe Anke,
    ab und zu bekomme ich doch ein schlechtes Gewissen. Ich weiß ja nicht, wie sich die Geschichte weiterentwickelt.
    „geht mir derzeit auch sowas gegen den Strich“ Hast du schlechte Erfahrungen gemacht?

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  4. Wie es der Zufall so will, habe ich erst vor ein paar Wochen „Ehrensachen“ von Louis Begley gelesen. Ein ebenso fein-, wie tiefsinniger Roman, der mich auch emotional angesprochen hat. „Mistlers Abschied“ hingegen hört sich erschreckend banal an. Klar, es ist schon wichtig, die Dinge vorm eigenen Tod zu regeln, wenn man denn die Möglichkeit dazu hat, aber das muss ja nun nicht unbedingt interessant sein. Literatur fängt für mich erst dann an zu greifen, wenn die Wirklichkeit nicht einfach nur abgebildet, sondern vertieft oder überhöht wird. Ansonsten kann ich auch Nachrichten schauen oder eine Biografie lesen. Danke für die Lesewarnung, liebe Vera. Von diesem Roman lasse ich mal lieber die Finger.

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  5. Ich kenne zwar das Buch nicht, kann Dich aufgrund Deiner Beschreibung aber gut verstehen, dass Du das Buch abgebrochen hast. Diese ganze oberflächliche Werbe- und PR-Welt geht mir derzeit auch sowas gegen den Strich, dass wenigstens die Lesezeit davon weitgehend verschont wird bei mir!

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