Claudia Piñeiro: Die Donnerstagswitwen

Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen … Unter dieses Motto könnte man auch den Roman „Die Donnerstagswitwen“ von Claudia Piñerio stellen.

Ort des Geschehens ist Altos de la Cascada – eine Siedlung, die sich nach außen hin abschottet und letztendlich eine Gesellschaft in der Gesellschaft bildet. Die privilegierten Bewohner versuchen eine perfekte Welt zu erschaffen, die mit allen Mitteln verteidigt wird. Schein und Illusion sind dabei treue Wegbegleiter, denn hinter der Fassade verbirgt sich Alkoholismus, häusliche Gewalt, Drogen und illegale Geschäfte – gleich der Welt, vor der sie sich schützen bzw. abgrenzen wollten.

Wirtschaftskrisen kennen aber keine Mauern und so macht auch die argentinische Krise nicht vor ihren Stacheldrähten halt. Die Sicherung des hohen Lebensstandard wird plötzlich zum täglichen Kampf für die Bewohner und die Fassade der Werbekatalog-Siedlung beginnt zu bröckeln. Höhepunkt der Entwicklungen sind drei Tote im Swimmingpool. Wie es dazu kommen konnte, will keiner wissen und eigentlich soll es auch niemand erfahren. Denn in Altos de la Cascada herrschen eigene Regeln, bei denen einem schon mal die Haare zu Berge stehen:

Der Disziplinarauschuss besteht aus drei Bewohnern der Siedlung. Sobald irgendein Regelverstoß innerhalb von Altos de la Cascada angezeigt wird, werden sie tätig. Bewusst ist immer nur von Verstößen, nicht aber von Vergehen oder gar Verbrechen die Rede. Letztere sind in Altos de la Cascada nämlich prinzipiell ausgeschlossen – es sein denn, bei den Tätern handelt es sich um Hausangestellte; für sie sind andere Verfahrenswege vorgesehen.

Die Geschichte ist fiktiv, die abgeschottenen Lebensgemeinschaften aber durchaus Realität. Auf der Suche nach Sicherheit und Abgeschiedenheit leben immer mehr Menschen in sogenannten Countrys. Die Folgen bzw. Konsequenzen dieser Art von Gemeinschaft sollte aber jeder stets vor Augen haben. Claudia Piñero lebt selbst in einer dieser Siedlungen und sah darin den optimalen Ort für ihren Krimi.

Könntet Ihr Euch vorstellen in einer Siedlung zu leben, bei der ihr Eure Gäste bei einem Sicherheitspersonal anmelden müsst, bevor sie auf das Gelände dürfen? Das finde ich alles sehr suspekt. Fehlt nur noch die Kamera in der eigenen Wohnung – natürlich alles unter dem Deckmantel SICHERHEIT.

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Claudia Piñero „Die Donnerstagswitwen“
Original: „Las vuidas de los jueves“
Unionsverlag Zürich; 2010

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7 Kommentare

  1. Das Buch hört sich echt gut an, ich glaube für meinen nächsten Urlaub hab ich den passenden Lesestoff gefunden.Ich frage mich aber wie man sich freiwillig so von der Außenwelt abschotten kann.
    Als ob die Probleme innerhalb einer Gesellschaft dadurch gelöst würden.

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  2. Ja genau solche Siedlungen hab ich auch schon in D.F. (Mexiko-Stadt) gesehen. Tauchen wahrscheinlich vermehrt in weniger sicheren Gegenden auf. Das Buch lohnt sich für den Urlaub, vor allem die Auflösung des Verbrechens ist die Lektüre wert!
    Viel Spaß in Guate und berichte mal, wie Dir das Buch gefallen hat.
    saludos

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  3. Ich kenne es aus Guatemala ziemlich gut, dort heißt so eine geschützte Siedlung „Condominio“. Drinnen wohnen die Leute mit einigermaßen viel Geld, drumherum ist eine Mauer, und am Stahltor steht ein Typ mit Maschinengewehr. Wer rein will, muss sich anmelden und sagen, zu wem er will. Dann wird dort angerufen, und erst wenn der Angerufene sein OK gibt, darf man reinfahren.
    Auf Dauer würde ich da nicht leben wollen, so beengt. Allerdings – außerhalb möchte man, zumindest in Guatemala City, auch nicht leben müssen. Was mal wieder beweist, wie gut es uns hier doch geht. Zu dem Buch: Kenne ich noch nicht, aber ich bin gerade auf der Suche nach passender Reiselektüre für 2,5 Wochen Guate. Das wäre definitiv ein Anwärter auf den Platz in meinem Koffer!

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